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  • AutorenbildMama mit Klasse

Ich schreie mein Kind nie an

Ich schreie mein Kind nie an. Wie kann die nur ihr Kind so herrisch ansprechen. Ist doch nichts passiert. Bloss der Becher voll Wasser runtergefallen. So schnell weg gewischt. Zwei Geschwister von Freunden, die sich um ein Spielzeug zoffen. Der Vater völlig ungehalten reisst die Kinder auseinander und schickt den älteren ins Zimmer. Also das würde ich ja bei meinen Kindern nie machen. So eine unfaire Behandlung des Älteren. So einen Streit muss man doch besprechen und aufklären. Im Restaurant sehe ich lauter Kinder, die mit dem Tablet und einer Kindersendung ruhig gestellt werden und währenddessen ihr Essen in sich reinstopfen. Meinen Kindern würde ich das nie erlauben. Aber die brauchen das auch nicht. Die sitzen am Tisch sprechen mit uns und kleckern nicht alles voll und rülpsen nicht über den ganzen Tisch. Ein bisschen Anstand kann man auch von Kindern erwarten. Komiker Faisal Kawusi hat recht. Auch ich könnte jedes Mal kotzen, wenn ich Kinder mit Tablets im Restaurant sehe. Bei einem Zornanfall des 4-Jährigen, weil er nicht ins Bett will, da muss man doch drüber stehen. Ich bin schliesslich die Erwachsene. Meine Kinder gehen sowieso ganz friedlich ins Bett, da ich ein tolles pädagogisches Abendritual mit Gute Nacht Geschichten und Gute Nacht Liedern gestalte und dies alles in sanfter ruhiger Tonlage. Und was sind das für Eltern, die ihren Kindern den ganzen Tag Süssigkeiten naschen erlauben? Es gibt doch mittlerweile so tolle zuckerfreie Rezepte.

Mein kinderloses Ich vor 5 Jahren, war die beste Mutter. Und dann wurde ich Mutter. Und alles wurde anders.


Ja, ich schreie manchmal mein Kind an, ob es denn keine Augen im Kopf hat, da der Becher schon zum 10. Mal an diesem Tag runter gefallen ist. Ja, ich schicke meinen Ältesten ab und an in sein Zimmer, weil ich keine Lust habe auf weitere Streits und einfach meine Ruhe haben will. Ja, ich verurteile solche Elternbashings wie das von Faisal Kawusi. Es ist immer nur eine Momentaufnahme, die man von anderen Familien sieht. Die Mutter kann sich schon den ganzen Tag liebevoll und spielerisch mit ihren Kindern abgegeben haben. Verständlich, dass sie wenigstens mal am Abend für ne Stunde ihre Ruhe haben will und wenn das nur mit Tablet geht, dann ist das halt so. Eltern haben schon genug zu tun. Wir brauchen Unterstützung und keine Verurteilung. Ja, ich bin Pädagogin und trotzdem sehen unsere Abendrituale nicht sehr pädagogisch aus, da wir uns einfach nur noch aufs Sofa, Popcorn und ein Glas Wein freuen. Die grösste Illusion zum Schluss: Mein Kind will keinen Industriezucker, wenn es doch den selbstgebackenen Müsliriegel mit Datteln, Trockenfrüchten und Hafer haben kann. Eltern zu sein ist verdammt anstrengend. Care-Arbeit ist wohl die schwerste Arbeit. Wir Eltern wissen das schon. Jetzt muss es nur noch in der Gesellschaft ankommen. Ich liebe meine Kinder und trotzdem ist Fürsorge Arbeit. Nur wird das in unserem kapitalistischen System nicht als Arbeit anerkannt. Wie sonst kann es einfach "normal" sein, dass diese wertvoll Care-Arbeit gratis verrichtet wird?

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